AMERIKA – der Süden – Peru
September bis Oktober 2018 – Peru
3.800 km gefahren / Text: Martina / Fotos: Hermann + Martina Filme: Martina
Nach fast einer Woche in Cuenca/Ecuador war ich langsam in der Lage kurze Wege zu humpeln. Wer es verpasst haben sollte: ich habe mir beim Stadtbummel die linke Achillessehne angerissen und darf jetzt einige Wochen einen schicken orthopädischen Schuh tragen. Die Grenze zu Peru stand auf dem Plan und wir entschlossen uns an die Küste zu fahren um dort weitere ruhige Tage einzulegen.
Wir verließen also die Berge und nahmen die Grenze bei Huaquillas. Auf beiden Seiten war das Prozedere einfach und kostenlos, nur die Zoll Computer auf peruanischer Seite hatten Probleme und kosteten uns 1,5 h Wartezeit.
Am Strand von Peru
Kurz hinter Zorritos gibt es den kleinen Camping Swiss Wassi und wir quetschten uns für die nächsten 6 Tage zwischen die anderen Camper. Das WIFI war super, die Toiletten sauber und der kilometerlange, weiße Sandstrand sehr hübsch. Es gibt schlechtere Plätze um den Fuß hochzulegen.
Wirklich wohl habe ich mich aber nicht gefühlt, die Verletzung nervte, ein anderer Camper vermachte mir großzügig seine Grippe Viren und allmählich machte sich Lagerkoller breit.
Als es dann noch zu politischen Diskussionen mit anderen Reisenden kam und wir schockiert zur Kenntnis nehmen mussten, das rechtspopulistisches Gedankengut auch unter Travellern zu finden ist, wollten wir nur noch weg.
Die weitere Strecke an der Küste entlang bis Chimbote machten wir an der ein oder anderen Sehenswürdigkeit Halt. Schön ist die Route nicht, die Wüste gehört eher zu den hässlicheren Vertretern und der massenhafte Müll erinnerte uns sehr an Ägypten.
Einen Stellplatz für die Nacht zu finden ist auch nicht so einfach und freies Stehen nicht zu empfehlen, die Sicherheit entlang der Panamericana ist eher als schlecht einzustufen.
Viele alte Steine und schöne Museen
Kurz gesagt: unsere ersten Eindrücke von Peru waren nicht so toll.
Wenn man nicht muss, sollte man sich die 3000 km öde Küste am besten schenken.
Immerhin konnten wir uns das wirklich tolle Museum von Sipan anschauen (Fotos leider verboten), die alte Metropole Chan Chan besichtigen und bei einer Führung in den Mochica Pyramiden die farbenfrohen Reliefe des Mondtempels bewundern.
Chan Chan Museum:
Schöner Stellplatz direkt unter der Sonnenpyramide:
Weg von der Küste - hinein in die Anden
Inzwischen konnte ich also den Fuß wieder belasten und mit dem Stützschuh durchaus auch mal eine Stunde herumlaufen. Ins Fahrerhaus kam ich nun wieder ohne Hilfsleiter. Die fiebrige Phase meines Infektes war auch vorbei. Viele positive Zeichen.
So bogen wir endlich ab in die Berge.
Die #12 ab Chimbote führte uns über eine gute 2 spurige Teerstraße langsam auf etwa 1000 m. Auch hier geht es vorbei an riesigen Monokulturen, sobald etwas Wasser vorhanden ist wird Reis, Zuckerrohr und Mais angebaut.
Nach 70 km wird die Straße zur 3N und damit einspurig. Es geht durch enge Canyon und es wehte ein erstaunlich heißer Wind. Die weitere Strecke wird dann spektakulär, denn sie führt durch den Canon del Pato – die Entenschlucht. Die Landschaft ist beeindruckend und die 35 Tunnel eine Herausforderung. Meist haben wir Glück und es gibt keinen Gegenverkehr aber einmal kommen uns im längsten Tunnelabschnitt (ca. 600 m) doch 2 andere LKW entgegen. Da wir erst 1/3 zurückgelegt hatten, war es an uns zurückzusetzen. Hermann fluchte ganz schön und freute sich gleichzeitig sehr über unsere Rückfahrkamera und das zusätzliche Licht am Heck.
Viel Spiel haben wir links und rechts nicht, weder in den engen Tunneln, noch auf der Straße, die sich zur einen Seite an den Felsen schmiegt und auf der anderen nur Abgrund bietet. Nur ab und an kommen Ausweichbuchten und an einer müssen wir dann 20 Minuten warten, da ein PKW Fahrer trotz hupenden Gegenverkehr in den Tunnel gefahren war und nur mit allergrößter Not und viel Hilfe von anderen zurücksetzten konnte.
Der Gute war schlicht überfordert und wohl kurz vor einem Herzkasper. Irgendwann löste sich der Stau aber auf und nur unser Fahrkünstler stand noch schwer atmend dort.
In Caraz wurden wir dann wieder mit einem sehr netten Stellplatz belohnt. Jamies Guadelupe Camping liegt kurz hinter dem kleinen Ort. Er betreibt eine nicht kleine Hacienda und bietet super Toiletten, tolles Internet und einen schönen Rasenplatz direkt hinter seinem Wohnhaus.
Die Umgebung lockt mit dem National Park Huascaran, Lagunen, schneebedeckten Gipfeln und steigt bis hinter Huaraz langsam von 2000 m auf 4000 m an.
Die Pässe im Park liegen natürlich noch höher und der Nev. Huascaran hat sogar 6768 m.
Leider ist es für Wanderungen aber noch zu früh für mich. So beschränken wir uns auf die fantastischen Aussichten vom Auto aus. Wir versuchen auch die kleine 106 hinein zur Lagune Llanganuco zu fahren aber entscheiden uns dann gegen die Überfahrt einer kleinen Holzbrücke. Unsere Sorge diese zu beschädigen war zu groß.
In Huaraz gibt es dann erstaunlich viele Autohändler und Werkstätten. Wir starten einen erneuten Versuch 14.00 Reifen zu bekommen und tatsächlich kann ein Reifenhändler 2 passende Exemplare in Lima besorgen. Allerdings sind diese made in China und wir beraten uns erst einen Abend, ob wir das tatsächlich machen.
Die Entscheidung ist gefallen und am nächsten Morgen bestellen wir 2 Techking ETMT.
Die 2 Tage bis zur Anlieferung aus Lima verbringen wir bei Jamie. Als wir dann Freitags wieder nach Huaraz fahren um die Reifen montieren zu lassen wird es erst mal etwas stressig. Die Techking sind mit Schlauch und wir fahren schlauchlose Reifen, da mussten wir uns erst mal informieren. Am Ende wurden die Reifen eben ohne Schlauch aufgezogen und wir hoffen nun sehr, dass sie so wirklich problemlos die Luft halten, wie uns versichert wurde.
Jamie nahm dankbar die alten Reifen (falls mal ein Overlander kommt, der dringend welche braucht) und die Schläuche schenkten wir im noch dazu. Vielleicht sind sie mal jemand anderem eine Hilfe. Dafür durften wir kostenlos noch das Wochenende auf seinem Camping stehen. Keine schlechte Idee, denn es war Wahlwochenende.
Man will ja nicht unverhofft in irgendwelche Veranstaltungen oder sogar Unruhen geraten.
Also noch 3 nette Tage mit anderen Reisenden verbringen, Routen besprechen und den lokalen Markt besuchen.
Dieser Kandidat erklärte, dass sein Vater den Vornamen "Hitler" gewählt hatte weil er so international klingt....er hatte keine Ahnung von der Historie. Und nun ist er eben der "gute Hitler" und möchte Bürgermeister von Yungar werden.
Von Caraz führte unser Weg weiter südlich bis zum Lago Conococha auf 4.050 m und danach rauf und runter über die Cordilleren nach Huanuco. Pässe von bis zu 4.720 m,
enge Schluchten und einspurige Straßen, teils nicht asphaltiert, abenteuerliche Ortsdurchfahrten. Die Strecke ist abwechslungsreich. Von Huanuco bis Tarma ist die 3N dann wieder zweispurig und man kommt flotter voran.
Tarma ist dann ein wunderschöner Anblick, denn hier gibt es einen großen Blumenmarkt und entsprechend ist der hübsch im Tal gelegene Ort umsäumt mit bunten Blumenfeldern.
Hier kann man auf einer schönen, alten Hacienda mit seinem Camper stehen und sich von der Besitzerin Inge erklären lassen, wie die Artischocken geerntet werden oder welche Heilkräuter im tollen Garten wachsen.
Von Tarma wollten wir eigentlich weiter durch die Berge über Huancayo bis Ayacucho aber wir lernten, dass die Hauptroute bis Dezember noch wegen Baustellen gesperrt sein wird.
Die einspurige, ungeteerte und schlechte Nebenpiste sollte man im Nassen meiden und natürlich fing es nun jeden Abend an zu Regnen.
Eigentlich beginnt die Regenzeit in Peru im November aber in diesem Jahr eben schon 4 Wochen früher. Die Alternative Route 24 blieb uns auch versperrt, da sie durch einen Canyon führt mit Felsüberhängen auf 3,40 Höhe.
So blieb uns nur die Ruta 22 nach Lima um weiter nach Süden zu gelangen.
LKW Hauptstrecke und entsprechend langsam kommt man voran. Kurz vor Lima machten wir noch mal Stop um am nächsten Tag – nach der Rushhour – das „Abenteuer-Lima-Durchfahrt“ in Angriff zu nehmen.
Und was sollen wir sagen? Es war überhaupt nicht wild. Okay, ohne Navi würde man schon die richtige Abzweigungen nicht finden, denn die Ausschilderung ist unterirdisch aber man ist heute mit GPS und diversen Navi Apps ja luxuriös ausgestattet.
Für uns hat es jedenfalls gut funktioniert und wir machten gut Strecke bis kurz vor Chincha Alta. Das ist auch wirklich das Beste an der Küste Perus. Erneut stellten wir fest, wie hässlich diese ist. Langweilige Wüste mit vielen Hühnerfarmen (Gefängnissen trifft es besser), extrem viel Müll, an den Flussabläufen massenhaft Reis- und Zuckerrohrplantagen und davor und danach armselige, staubige Dörfer.
Dafür war die Familie, bei der wir hinter ihrem Restaurant für die Nacht stehen durften so unglaublich reizend, dass wir auch diesen Tag in guter Erinnerung behalten.
Beim Reserva Nacional Paracas gibt es dann endlich mal schöne Wüste und von dort schlängelt sich die Panamericana etwas ins Landesinnere und bis auf ca. 600m, dann ist man in Nazca (oder auch Nasca). Nazca war eine tote Wüstenstadt, bis durch Zufall die berühmten und noch immer geheimnisvollen Linien und Figuren im Wüstenboden entdeckt wurden. Nur vom Flugzeug sind die meisten dieser überraschend exakten geometrischen Formen und Bilder zu erkennen.
Für mich hieß das, mal wieder eine Reisetablette einzuwerfen und todesmutig in der kleinen Cessna neben meinem Mann Platz zu nehmen.
Folgt man von Nazca aus erst der 30A und später der 3S erlebt man eine wunderschöne 650 km lange Fahrt bis Cusco. Die Straße ist meistens gut, die Baustellen in vielen Fällen schon abgeschlossen (bis Ende des Jahres sollen alle fertig sein) und insbesondere das Hochplateau mit seinen Lagunen und unzähligen Lamas, Alpakas und sogar wilden Vicunas auf über 4000 m ist von einer wilden Schönheit.
2,5 Tage brauchten wir bis wir schließlich die alte Inka Hauptstadt Cusco erreichten.
Noch nirgendwo in Südamerika haben wir bisher so viele Touristen gesehen, was aber absolut zu verstehen ist, denn zum einem ist die Altstadt sehr sehenswert, es wimmelt nur so von Spuren der Inkas und dann ist da noch DIE Atraktion Perus, die man gut in einem Tagesausflug von hier aus besuchen kann: Machu Picchu!
Es gibt einen netten, grünen Camping oberhalb der Stadt, hier trifft man andere Overlander, tauscht Infos über die Strecken und plant, welche Variante man für den Besuch von Machu Picchu denn nun wählt.
Zuerst aber suchten wir mal eine Klinik mit Ultraschallgerät und einem Arzt, der mir sagt, wie die Heilung meines Achillessehnen-Anrisses fortgeschritten ist.
Danach ein erster Stadtbummel zum Test – mit dicken Wanderschuhen und Wanderstöcken für mich.
Testlauf bestanden! Wir buchten daher in einem - der gefühlt tausend - kleinen Reisebüros von Cusco unser Paket: Abholung um 5 Uhr / mit dem Taxi in 30 min nach Poroy zum Bahnhof / 3,5 Stunden mit dem Zug nach Aguas Calientes / 30 min mit dem Bus hoch nach Machu Picchu / 3 Stunden durch die riesige Anlage / wieder runter mit dem Bus / Zug zurück nach Poroy und dort wartete unser Taxi und brachte uns um 22 Uhr zurück zum Camping.
Nicht nur ich war nach diesem langen, beeindruckenden Tag ziemlich geschafft.
Es hat sich aber absolut gelohnt. Auch wenn man Machu Picchu tagsüber mit vielen anderen Besuchern teilen muss – es verläuft sich. Glück muss man etwas mit dem Wetter haben, denn die Anlage liegt nicht mehr in den Anden sondern bereits im Regenwald.
Um Cusco herum gibt es noch viele andere Inka Stätten zu besichtigen und man könnte hier locker einen 3 wöchigen Urlaub verbringen. Nach dem anstrengenden Besuch von Machu Picchu musste ich aber erst mal meinem Fuss Ruhe gönnen, die Belastung war doch hoch gewesen.
Wir nutzten die Zeit z.B. um Gas aufzutanken.
Von Cusco zum Titicacasee sind es Luftlinie etwa 300 km. Wir brauchten 4 Tage, da wir bei Combapata von der Hauptstrecke 3S abbogen und die Runde durch das abgeschiedene Hinterland machten. Schläglöcher, gesperrte Dorfdurchfahrten (weil irgendwo immer gerade Markttag ist) und einspurige Pisten machen das Reisen langsam aber man wird belohnt mit tollen Landschaften, Sehenswürdigkeiten abseits vom Massentourismus und ruhigen Stellplätzen.
Beeindruckt hat uns z.B. die Inka Brücke Q´eswachaca, eine handgearbeitete Hängebrücke, welche jedes Jahr von den Einheimischen erneuert wird. Jede Familie steuert einen Teil der aus Stroh geflochtenen Brücke dazu und mit einem mehrtägigen Fest wird dann die alte Brücke dem Fluss übergeben und die Neue gespannt.
Wunderschön war auch der Tinajani Canyon, in dem es – neben einem liebevoll betreutem Stellplatz inkl. kleinem Museum und Wanderwegen – einen ganzen „Wald“ der verblüffend großen Puya Raimondii gibt.
Diese letzten Tage in Peru versöhnten uns mit dem Land. Peru macht es dem Reisenden nicht leicht, man schwankt zwischen Extremen. Zu sehen und zu entdecken gibt es jedenfalls noch viel, viel mehr als das, was wir in 6 Wochen geschafft haben.
Leider hat die Regenzeit einige Wochen früher als üblich begonnen und wir sputen uns nun nach Bolivien zu kommen. Dort erwartet uns nämlich der Salar de Uyuni, der größte Salzsee der Erde aber bei Regen kaum zu befahren.
Wir fuhren also zum Lago Titicaca – dem „Geburtsort“ der Inka – und nahmen dort die Grenze nach Bolivien bei der kleinen Stadt Copacabana.
Aber das ist eine andere Geschichte.
Bis dahin: bleibt gesund und habt eine Gute Zeit
Martina