November 2011 – Kenia Teil 1

Kenia (17 Tage) / etwa 1.700 km gefahren / höchster Berg: Mount Kenya mit 5199 m / ca. 32 Mio. Einwohner / 15% Analphabeten / ca. 9 PKW auf 1000 Einw. / ca. 15 PC auf 1000 Einw. (Quelle)

 



Unser Kenia Track im November 2011

Die „Moyale“ - unser Höllenritt von Moyale nach Marsabit

Moyale, der Grenzort Äthiopien / Kenia empfängt uns als schlammiges, nasses, zwielichtes Drecksloch. Es schüttet wie aus Eimern und an weiterfahren ist nicht zu denken. Gemeinsam mit Katrin und Tobias, die wir an der Grenze kennengelernt haben mieten wir uns in einem der runtergekommenen Hotels ein. Was für uns bedeutet, dass wir die Nacht im Auto vor dem Hotel verbringen werden und die 2 Mopedfahrer in dem schmutzigen Zimmer ihr Zelt aufschlagen. Vielleicht sollten wir doch mal die sanitären Einrichtungen solcher Etablissements fotografieren – man macht sich ja keine Vorstellung von den Zuständen dort. Wir alle wussten, dass die Straße ab hier ungeteert und bei Regen unbefahrbar sein sollte. Um uns Mut anzutrinken (für die bevorstehende Nacht und die Weiterfahrt) wusste Tobias einen Insider Tipp: die Prison Canteen.

Ein „Lokal“ der Extraklasse. Die Betreiberin und einige Ihrer Gäste hatten rote Augen vom Chat-Kauen und waren schon sehr lustig. Neben Polizisten waren bestimmt auch 100 Jahre Knast in der Kneipe und der urige Laden bot neben Billard, Reggae-Musik auch wieder ein „tolles“ Klo-Loch.

Der Regen prasselte nur so auf das Holzdach und bei einigen Tusker-Bierchen sprachen wir uns gegenseitig Mut zu. Als dann noch kollektiv Nachrichten geguckt wurden und dort nur Bilder von Al-Shabbab Terroristen und hungernden Somaliern zu sehen waren hellte das auch nicht sonderlich die Stimmung auf. Aber für solche Momente hat man ja Galgenhumor. Die Nacht wurde wie erwartet: Laut und unruhig (die Dorfverrückte lärmte, Esel schrien und mit einem Ohr war man eh immer wach um zu lauschen, ob wer am Auto rumfummelt), dazu Regen, Regen, Regen.

Noch im Dunkel hörten wir Katrin und Tobi werkeln, wir krochen auch aus unseren Schlafsäcken und machten erst mal Kaffee für alle. Der Plan stand: wir nehmen den Beiden ein paar Kilos Gepäck ab, sie fahren noch vor uns los, wir dann hinterher und – hoffentlich – treffen wir uns am Abend alle heil in Henrys Camp, Marsabit. Ein Plan – wie gesagt. Als Tobias los wollte sprang seine Kiste nicht an. Letztendlich fuhren doch wir zuerst los und die 2 mussten erst noch eine defekte Zündkerze tauschen, was sie reichlich Zeit und Nerven kostete.

7 Uhr am Morgen. Es regnet und wir machen uns angespannt auf den Weg.

Die Anspannung wird auch die nächsten 9 Stunden nicht nachlassen, da wir unbedingt die 250 km bis Marsabit noch bei Tageslicht schaffen wollen. Es bestätigte sich, die Piste war wirklich so gut wie unbefahrbar. Es wechselten sich Sand- und Felspassagen ab mit tiefsten Morast und aller übelstem Wellblech. Auf dem schlammigen Untergrund kam es mehrfach vor, dass unser Landy sich plötzlich querstellte. Auf dem seifigen Boden fand er einfach keinen Halt mehr.

Nach der halben Strecke durchquerten wir einen kleinen Ort – hier standen all die Laster, die sich nicht auf die Straße trauten – und waren trotz pausenloser Fahrt relativ optimistisch, da wir noch ganz gut in der Zeit lagen. Doch direkt hinter dem Ort fing dann die Schlammschlacht so richtig an. Das Bild, das sich bietet, wenn man auf der Kuppe steht und die nächsten km Piste überblickt und ein Morastloch nach dem anderen sieht, werden wir sicher nie vergessen. Der Landy pflügte sich durch den Schlamm und sah bald selber aus wie ein Schlammklumpen. Einige km vor Marsabit wurde die Straße etwas besser und wir erreichten ziemlich fertig die Stadt. Unsere anfängliche Freude wurde aber erst mal gedämpft, denn die Straßen der Stadt und die 2 km zum Camping von Henry bestanden ebenfalls nur aus tiefsten Morast. Wir würden doch nicht noch 500 Meter vor dem Ziel steckenbleiben? Nein – auch hier wühlte sich der Wagen durch und wir hatten es tatsächlich geschafft um 16 Uhr anzukommen – aber uns war wirklich kein Meter geschenkt worden!

Wenn Morast trocknet wird er steinhart (beliebtes Baumaterial hier), daher kam der Wagen erst mal unter die Dusche, danach wir und am Abend gönnten wir uns ein Bier am Lagerfeuer. Wir blieben allein und hofften, dass Tobias und Katrin nichts passiert war.

 



Am Nachmittag des nächsten Tages erreichten auch die Mopeds das Camp – sie hatten sich noch in der Stadt einen Dampfstrahler-Behandlung gegönnt (den Motorrädern UND sich selber). An diesem Abend genossen wir gemeinsam das Lagerfeuer. Mit nur einem Sturz (Respekt!) hatten sie die Piste geschafft, dieser hatte sie aber zur Übernachtung in dem kleinen Ort auf der Mitte der Strecke veranlasst. Beim gemeinsamen Kochen und Wunden lecken wurde ein paar Worte für die nächsten Tage unter Strafe gestellt: „Moyale“, Piste, Schlamm.

Nach einem weiteren Ruhetag ( es hatte aufgehört zu Regnen) trauten wir uns die nächsten Pisten km zu. Statt den erwarteten 230 km hatte uns Henry versprochen, dass schon nach 130 km Asphalt anfangen würde. Die Chinesen sind schon recht weit, die Strecke soll innerhalb der nächsten 8 Jahre komplett geteert sein. Außer leichtem Niesel zwischendurch blieb es trocken und wir hatten statt Schlamm nun mit der aufgerissenen, umgepflügten Piste und insbesondere mit furchtbaren Wellblech zu kämpfen. Nein – wir haben den Asphalt, der tatsächlich schon nach 114 km anfing nicht geküsst aber trotzdem uns sehr darüber gefreut. Die restliche Strecke nach Isiolo hatten wir endlich mal Muße die schöne, grüne Landschaft (ganz im Norden war es noch Steinwüste gewesen) und die nicht minder schönen Massai zu bewundern. In Isiolo campten wir im sauberen, schönen Gaddisa Hotel + Camp. Ob wir Probleme auf der Straße gehabt hätten, wurden wir dort gefragt. Na, ja, mal abgesehen von den Straßenverhältnissen, Nein. In der Gemeinde vor Isiolo war es die letzte Woche zu Unruhen mit Toten und vielen brennenden Hütten gekommen. Wir haben davon glücklicherweise nichts mit bekommen.

 

In Isiolo trennten sich unsere Wege: Tobias und Katrin wollten westlich vom Mount Kenya den Äquator überqueren und dann nach Nairobi, wir hatten vor östlich des höchsten Berges Kenias in Nanyuki das obligatorische Traveller Foto am Äquator zu schießen. Als wir uns später in Nairobi wiedertrafen stellten wir fest, dass keiner von uns den Berg gesehen hatte, er war komplett Wolkenverhangen. Nairobi empfing uns mit Regen und Sturzbächen auf den Straßen. Die Hauptstraße in der Innenstadt ist gerade „under construction“ und das Verkehrschaos entsprechend. Dank GPS fanden wir trotzdem den Jungle Junction, wo wir ein paar Tage verbrachten und der Landy eine Grundreinigung bekam.





Nairobi selber ist nicht sonderlich einladend. Die Wohlhabenden trifft man in den Einkauf-Malls der Stadt, die wirklich jeden Luxus bieten. Ansonsten gibt es etliche No-Go Gebiete für Weiße und nach den letzten Bombenanschlägen von Al Shabbab waren alle nervös. Dann kam die Nachricht, dass in einem der National Parks nahe des Mount Kenias ein Schweizer Paar angegriffen worden war. Er tot, sie mit Schußverletzung im Hospital. Da war endgültig klar, dass wir nicht wie geplant noch mal nach Norden und Westen fahren, sondern direkt in den ruhigeren Süden und dann an die ebenfalls sicherere Süd-Küste.



Unser nächstes Ziel war der Amboseli National Park an der Grenze zu Tanzania. Bei den horrenden Eintrittspreisen der Parks in Kenia kann man nicht alle besichtigen, aber einer MUSS einfach sein. Da der Amboseli besonders viele Elefanten bietet und dazu noch einen Blick auf den Kilimanjaro war er unsere erste Wahl.



Die Straße nach Namanga war prima und wir kamen flott voran. Kurz vor der Grenze hieß es dann scharf links abbiegen. Die Piste in den Park zeigte uns wieder, was Wellblech bedeutet und wir wurden so richtig schön durchgerüttelt. Ja – wir wissen, wenn man mindestens 80 kmh fährt, soll man quasi drüber fliegen, aber bei den Schlaglöchern auf dem Weg wäre das Harakiri und wir wollen keinen Achsenbruch riskieren.

Unser Ziel war das Tortilis Camp – im Internet stand was von Camping. Wir fanden auch hier dank GPS und den aufgespielten Tracks 4 Afrika Daten darin gut den Weg. Wobei der Park auch wirklich gut ausgeschildert ist. Allerdings fuhren wir mal wieder direkt hinein in den Regen. Regen und gleichzeitig Sandsturm, wir wussten gar nicht, dass das geht.



Car-Camping? Nein leider hier nicht möglich! Mit „Camping“ wird in diesen Luxus-Lodgen etwas anderes gemeint...In Anbetracht des Regengusses war die Lust, den offiziellen Park Camping noch anzufahren gering und wir entschieden uns (trotz des hohen Preises) für´s Bleiben.

Und wir bereuten es nicht. Die Lodge ist wirklich toll. Das im Preis inbegriffene Essen war excellent, unser „Zelt“ - wie zu erwarten – luxuriös und neben einer Safarifahrt und einem fantastischen Blick auf den Kili bietet die Anlage fast paradiesische Momente, wenn z.B. Dik Diks (Zwergantilopen), eine Horde Erdhörnchen oder große Warane dir fast über die Füsse laufen.



Eine Safari ist natürlich ebenfalls ein Muss. Unser Massai-Guide spürt sogar die Löwen für uns auf.

Wir genossen die Zeit im Camp und hängten noch einen Tag dran. Als wir dann los wollten überraschte uns die Managerin aber mit der Info, dass der Preis, den wir gesagt bekommen hatten zwar pro Nacht gewesen wäre - aber pro Person! Schluck. Das wäre dann sogar uns zu heftig. Netterweise haben sie dann aber nicht auf diesen Preis bestanden und es als „Missverständnis“ akzeptiert. Fanden wir schwer in Ordnung. Überhaupt waren alle im Camp sehr freundlich gewesen.

 

Nach diesen Luxus-Tagen wollten wir quer durch den Tsavo West National Park, dort campen und dann am nächsten Tag weiter Richtung Mombasa. Als es aber dann hieß, man darf nur mit Sicherheitseskorte durch den Park war uns dies schon wieder verleidet.

So holperten wir wieder hinaus aus dem Park und fuhren zügig zur Hauptstraße Nairobi-Mombasa.

Dort nervte etwas der starke LKW Verkehr und hielt vor allem auf. Unser Ziel, ein privater Camping, liegt südlich von Mombasa, das hieß einmal hinein in die Stadt und wieder hinaus. Was interessant ist, denn Mombasa ist eine Insel. Die Stadt selber war harmlos aber das letzte Stück Straße (darf man eigentlich nicht mehr so nennen) eine Katastrophe. Die schweren Laster haben die relativ neue Straße schon komplett zerstört.

 



 

Erst im Dunkeln erreichten wir Ulli und Hedis „Edelweiß“ Anwesen. Sie haben auf ihrem wunderschönen Grundstück (Ergebnis harter Arbeit – es war total verwahrlost als sie es anmieteten)

3 schöne Gästehütten neben dem Haupthaus gebaut und man kann im großen Garten campen.

2 Tage blieben wir dort – und kamen nicht einmal vor die Türe, da es permanent regnete.

Wir waren dankbar für Waschmaschine und Trockner und machten uns nach 2 Nächten auf weiter nach Süden.



Hinter Mombasa liegen die Postkarten-Traumstrände und ein nächstes GPS Ziel für uns. Auf dem Weg nehmen wir noch eine Krokodilfarm mit. Am Tiwi Beach liegt dann das schöne Twiga Camp. Herrlich gelegen und es regnet mal nicht ständig! Man darf nur leider das Camp nicht verlassen – auch hier Überfall-Gefahr. Entspanntes Reisen ist anders. Wir nutzten die Zeit für Gespräche mit Meggi und Derk einem netten Paar aus Südafrika, die mit ihrem alten IVECO von Holland aus wieder nach Hause fahren. Außerdem mussten wir das Ameisenvolk wieder aus dem Wagen vertreiben, das sich dort häuslich niederlassen wollte. Schon lustig, wenn man während der Fahrt nach unten schaut und dort eine Ameisenstraße entdeckt.

Nach nur 17 Tagen waren wir nun erst einmal „durch“ mit Kenia. Der Regen und die angespannte Lage haben uns einen Strich durch die Rechnung gemacht. Aber wir werden wieder kommen! Wenn die Regenzeit vorbei ist werden wir nochmal die Region um den Viktoria-See anfahren.

Von Tiwi Beach aus waren es nur ca. 70 km zur Grenze nach Tanzania. Dort soll es deutlich sicherer sein als in Kenia. Also machten wir uns auf mal wieder eine Grenze zu überqueren, denn Traumstrände gibt es in Tanzania auch – aber das ist eine andere Geschichte.