Oktober 2011 – Sudan

Sudan (12 Tage) / etwa 1200 km gefahren bzw. gefahren worden... / ca. 41 Mio. Einwohner / ca. 37% Analphabeten / ca. 9 PKW auf 1000 Einw. / ca. 16 PC auf 1000 Einw. (Quelle: „Die arabischen Welt“ von Alexander Flores / Reclam / Stand 2008 – also VOR der Teilung!)

Unsere Route durch den Nord-Sudan

Die Fähre von Assuan nach Wadi Halfa werden wir sicher nie vergessen. Gesehen hat so etwas fast jeder schon mal – im Fernsehen. Viel zu viele Menschen mit viel zu viel Gepäck – aber es funktioniert. Ja – es ist schmutzig und eng und laut, aber andererseits sind alle (mal abgesehen von dem Gequetsche beim Aussteigen) bemüht NICHT auf einen zu Treten, wenn man liegt und die Stimmung ist wirklich freundlich. Jeder sucht und findet ein kleines Plätzchen. Wir werden sicher genauso oft fotografiert, wie wir es mit den anderen tun. Zurückhaltend wird gegrüßt oder ein kleiner Plausch gehalten. Man teilt Zigaretten oder bekommt Obst angeboten. Über uns der Sternenhimmel – das Essen ist erstaunlich gut. Trotzdem sind 24 h auf dem Boot und die Nacht mit wenig Schlaf auf dem harten Deck natürlich anstrengend. Das Aussteigen wird etwas nervig, da wir alle nochmals Einreiseformalitäten (Visakontrolle, Travel-Permit [Erlaubnis zu Reisen]) direkt auf dem Boot abzuwickeln haben – Ricardo, der Kameramann von Rui wird 2 Stunden dort festgehalten, weil sie ihn erst mit einem Philippinen verwechseln, der gesucht wird...



Kaputt treffen wir in Wadi Halfa ein. Froh endlich im Sudan zu sein – wir haben schon viel von anderen Reisenden von diesem Land gehört und zwar nur Positives. Besonders die freundliche und gastliche Art der Sudanesen soll es zu einer Freude machen hier zu reisen. Das Gegenteil also zu Ägypten! Mit der Hilfe von Mr. Magdi Boshara – dem aktuellen Boat Service Agenten erledigten wir alle schnell die restlichen Formalitäten im Hafen.

Ein klappriges Taxi bringt uns in den Ort. Dann die 1. Überraschung: alle Hotels sind voll.

Mr. Boshare kümmert sich und nach 15 min fahren wir doch noch zum „Besten Haus am Platz“, dem Kilopatra Hotel (kein Schreibfehler – siehe Foto). Die regulären Zimmer sind ausgebucht aber man stellt uns ein paar Betten in einen großen Raum mit 2 Trennwänden. Wir 6 kommen gut miteinander aus – also kein Problem. Es gibt eine Dusche und die Aussicht, dass ja morgen Abend die Autos kommen, die dann Übermorgen (Donnerstag) von uns abgeholt werden könnten.

Mr. Boshara macht für uns auch einen LKW Transport nach Khartoum klar – die Eisenbahn fährt nur 1x im Monat und dann nicht für Personen.

 

Am Abend finden wir uns im einzigen netteren Lokal des Ortes wieder. Madam Sadhid bekocht uns einfach aber sehr lecker und wir schauen dem Treiben auf Wadi Halfas Straßen zu.

Zurück am Hotel wird schnell klar, dass Schlafen innerhalb des Zimmers unmöglich ist – viel zu heiß! Wir beobachten, wie die anderen es machen und stellen kurzerhand unsere Betten nach draußen. In der Nacht kommt Wind auf und es kühlt sogar ab – so können wir recht gut schlafen.

Morgens gibt es Kaffee und Tee bei Madam Zenab – der Teefrau (eine sudanesische Institution), die direkt vor dem Kilopatra ihren Stand hat. Das Gesöff ist gut – wenn man die vielen Gewürze mal weg lässt, die hier so gerne dazu gegeben werden.



Dann die schlechte Nachricht: die Autos kommen - wahrscheinlich - erst morgen. Frust.

Ein öder, monotoner, heißer Tag macht einen ganz leer im Kopf (Wäre ein guter Ort für Buddhisten: gelebte Meditation...bis ins Nirwana). Abends erneutes Essen bei Madam Sahdid – diesmal kommt sie ins Plaudern und wir erfahren z.B., dass Wadi Halfa nicht nur ein Handelsplatz ist, sondern dass rings umher fleißig nach Gold gegraben wird. Deshalb die vielen Männer im Ort, die jeden Abend vor all den vielen aufgestellten Fernsehern sitzen und alberne Filme gucken (Alkohol ist im Sudan streng verboten – hier ein Glück, sonst gäbe es wohl jede Menge Randale).

Sie erzählt uns auch sehr unschöne Geschichten von illegalem Organhandel. Auch wenn davon nur ein Bruchteil stimmen sollte: Furchtbar! Ricardo ist begeistert davon, dass hier 2-3 Ehefrauen normal sind – bis Madam Sadhid ihm erklärt: „Natürlich nur für starke Männer!!“

So geht auch dieser Tag zu Ende und wir hoffen, dass morgen wirklich die Autos ankommen.

 

Tag 3 – natürlich sind die Wagen auch heute nicht eingetroffen. Wahrscheinlich morgen oder auch erst übermorgen, heißt es.

Monotonie – Lethargie – es ist einfach zu heiß (über 40°C), jede Energie verpufft.

Wir fühlen uns wie in dem Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“.

 

Tag 4 in Wadi Halfa. Robin, Linda und Rui gehen zum Hafen. Kein Ponton mit unseren Autos.

 

Tag 5 – kaum zu glauben, das Boot legt tatsächlich an und unsere Autos sind noch alle heil! Vor Freude legen wir am Zoll ein paar Tanzeinlagen hin und die Beamten dort haben ihren Spass mit uns. Danach fahren wir sofort auf den wartenden LKW. Noch kurz zum Hotel, alles einpacken. Es gibt ein kurzes, herzliches Auf-Wiedersehen und die Versprechen in Venezuela bzw. Kapstadt auf ein (oder 2) Bier vorbei zuschauen.

Wir kletterten auf den LKW und besteigen unseren Landy. Jetzt hieß es Gottvertrauen zu haben – wir konnten nur hoffen, dass unser Fahrer immer schön wach blieb und vernünftig fahren würde.

17 Stunden verbrachten wir auf der Ladefläche, unterbrochen von 2 kurzen Stopps. Es war heiß, es war laut, es schaukelte permanent, wir erlebten unsere schlimmste Nacht.

Völlig fertig, schmutzig, verschwitzt und müde erreichten wir Khartoum – nach über 850 km.

Da freut man sich über einen Tee bei der nächsten Tee-Lady und dem Fernfahrer Klo, wo es immerhin Wasser zum Frischmachen gab.

Schließlich organisierte man noch eine kleine Rampe, dann konnten wir runter vom LKW.



Zuerst wollten wir direkt zur Landrover Werkstatt, deren Koordinaten wir hatten, doch Mr. Boshara gab uns den guten Tipp erst das Acropole Hotel anzufahren. Dessen Besitzer George wäre der Anlaufpunkt in der Stadt bei jeglichem Problem. Und er hatte recht. Die Zimmer waren zwar recht teuer aber die Hilfe von George ist unbezahlbar gewesen. Schnell war nämlich klar, dass die alten Landrover Werkstätten nicht mehr existierten. BMW hatte diese an Ford abgegeben, diese aber bereits alles an eine indische Firma verkauft und die wiederum haben noch keine Vertragswerkstätten. George telefonierte und zauberte schließlich doch noch eine MG Werkstatt hervor, deren Betreiber war früher bei Landrover. Und dieser nette Ingenieur Mr. Mohammed Islam fand dann wirklich das Problem (in Assuan/Ägypten hatten sie uns ein Diesel-Benzingemisch in den Tank gefüllt!) und löste es. Toll was der Wagen so wegsteckt, wir waren erleichtert.

Die nächsten Tage verbrachten wir mit Behördengängen (Visa für Äthiopien und Kenia besorgen) und dem Besuch von ein paar Museen. Außerdem bot das Hotel eine Stadtrundfahrt an und zur Krönung einen Besuch bei den Derwischen, die jeden Freitag Abend zu Ehren des Sufis Al Nil an dessen Grabmal tanzen – ein echtes Erlebnis!



Eigentlich waren wir nur so lange in dem Glutofen Khartoum geblieben, weil die Deutsche Botschaft in Adis Abbeba uns die (falschen) Infos gegeben hatte, dass man a) einen Brief der Botschaft für den Zoll an der Grenze Metema braucht und b) diese sowieso von Freitag Abend bis Montag früh geschlossen wäre. Da wir sonst aber die Derwische verpasst hätten, sind wir nicht traurig darüber. Innerhalb von 2 Tagen fuhren wir dann zur Grenze nach Äthiopien. Langsam stahl sich immer mehr Grün in die Landschaft. Die ersten Hügel tauchten auf und wir genossen es allmählich den Bereich der Sahara zu verlassen.



Im Grenzort Gallabat ließ uns die Polizei in ihrem Hof übernachten, was auch eine interessante Erfahrung war. Früh am nächsten Morgen machten wir uns auf zur äthiopischen Seite der Grenze, es sollte ja alles schnell gehen, hatten wir doch die Visa schon in der Tasche und den Brief der Botschaft für den Zoll auch. Natürlich kam es dann wieder mal anders – aber das ist eine andere Geschichte.