AMERIKA - der Süden - Chile/Argentinien

Januar 2019 – Südpatagonien

Über die Carretera Austral und die Ruta 40 bis nach Ushuaia

 

3.640 km gefahren / Text: Martina / Fotos: Hermann + Martina Filme: Martina

Post aus Europa und ein kaputtes Notebook

Wie Hermann im letzten Bericht schon erzählt hat, konnte wir in der MAN Werkstatt bei Llanquihue unser Paket aus Österreich in Empfang nehmen. Ein Dichtungssatz für das ZF Lenkgetriebe des STEYR und, damit sich die hohen Frachtkosten auch lohnen, direkt noch einen neuen MANN Luftfilter, hatten den weiten Weg im Flieger nach Santiago gemacht. Nachdem wir vor Ort noch die erschreckend hohen Zollgebühren überwiesen hatten, war unsere Lieferung am nächsten Tag schon da. Alles in allem hat das Paket gerade mal 8 Tage gebraucht. Nicht schlecht.

Außerdem war der Service von Oscar Ruiz, dem MAN Werkstatt Chef einfach großartig: er zahlte sogar für uns online den Zoll und hatte uns vorher per Telefon Nachrichten auf dem Laufenden über die Sendung gehalten. Gewissenhaft wurde dann noch das Lenkgetriebe inspiziert, die fehlerhafte Dichtung gefunden und ersetzt.

Eine weitere Nacht verbrachten wir an der COPEC, nicht lauschig aber mit dem besten WIFI, das wir bisher in Chile gefunden hatten! Was mein Mann letzten Monat verschwiegen hat: ich habe mein Laptop gemeuchelt. Einen gezielten Treffer der Camping Lampe, die beim Öffnen einer Klappe herunter fiel, hat die Festplatte nicht überlebt.

Na gut, ein neues Notebook ist ja auch was Feines, da kann man direkt mal RAM und Grafikkarte aufrüsten. Noch im Kaufhaus wurde geprüft ob das neue schicke Teil auch problemlos über unseren Steckeradapter läuft und die Installation mit Hilfe von allen verfügbaren Fachkräften der Abteilung durchgeführt. Zu unsere aller Erstaunen stellte sich heraus: das Betriebssystem ist eine „Single Language Version“ und mit keinem Trick vor Ort oder später nach Recherche im Internet lässt sich das doofe Ding auf Deutsch als Betriebssprache einrichten (außer man kauft eine 99 US $ Voll Version von MS). Tja, so kann man auch Spanisch lernen. Jedenfalls konnte ich bei der Tankstelle alle gewünschten Programme aufspielen und schon mal Filme und Fotos hochladen.

Die Carretera Austral – Fjorde, Vulkane, Gletscher und Delfine

Nun konnten wir das nächste Abenteuer angehen: die Carretera Austral (Ruta 7)!

Mit dem Bau dieser südlichsten Straße Chiles hatte Pinochet mal eine gute Idee gehabt (über die anderen möchte ich eher nicht sprechen). Durch die Schotterpiste wurde in den 1980er Jahren der abgelegene, gebirgige Norden Patagoniens erschlossen und Orte erreichbar, die vorher nur über Boote mit der Außenwelt verbunden waren.

Kurz hinter Puerto Montt beginnt die Straße. In Hornopiren sind wir nicht allein am Fährbüro um die Fahrt durch den Fjord nach Caleta Gonzalo zu buchen, wir treffen altbekannte (Marcel und Graziella) und neue Schweizer Overlander (Conny und Roger) und verbringen einen schönen Abend am Fluss vor der kleinen Stadt.

Die lange Überfahrt am nächsten Morgen dauerte 3,5 Stunden und ließ Erinnerungen an Norwegen hoch kommen. Danach muss man 10 km Piste fahren und auf die nächste Fähre rollen. Die geht nur 20 Minuten und man wird quasi direkt in den Park Pumalin geworfen.

 

Der verstorbene North Face Gründer Doug Tompkins hat den Park Pumalin ins Leben gerufen und der ist einer der größten privaten Parks der Welt. Die Wanderwege sind gepflegt, es gibt schöne Campingplätze mit Duschen und sauberen Toiletten und das Beste: da noch Vor-Saison ist, kostet es nichts.

Das gesparte Geld investieren wir in einen leckeren Kuchen direkt an der Fähre und ziehen dann mit 3 Wagen bis zum 1. Stellplatz direkt am Wanderweg zu den uralten Araucadien.

Nach und nach spazieren wir alle am nächsten Morgen den wunderschön angelegten Weg, bevor unsere Gruppe sich auflöst. Man sieht sich bestimmt mal wieder.

Wir bleiben noch 2 Tage im Park, tuckern die Schotterpiste gen Süden und wagen uns (zu Heiligabend) an die 3 Stunden Wanderung zum Chaiten Vulkan (zuletzt überraschend 2008 ausgebrochen). Mit meiner 3 Monate alten Achillessehnen Verletzung brauchen wir zwar 5 Stunden - und haben danach 2 Tage mordsmäßigen Muskelkater - aber es hat sich gelohnt!

Zu Weihnachten an einem Vulkankrater stehen und am Abend Delfinen zugucken, wie sie ihre Kreise in der Bucht von Santa Barbara drehen. Wir waren müde aber begeistert.

 

Die Straße war dann ab hier bis zum nächsten Park (PN Lago Rosselot) geteert.

So kamen wir zügig bis zu dem netten Ort Puyuhuapi (hatten die Ureinwohner hier eigentlich finnische Vorfahren?). Je abgeschiedener die Menschen leben, desto freundlicher sind sie, das erleben wir immer wieder. Völlig stressfrei stellt man sich irgendwo für die Nacht hin und plaudert mit den „Nachbarn“, die sich freuen Gäste aus Deutschland da zu haben.

Im Park Lago Rosselt bewundern wir das nächste Highlight: den hängenden Gletscher Colgante.

Nach einer weiteren Nacht Wildcampen am Fjord legten wir einen Camping Tag in Coyhaique ein. Der Grund: Internet. Nach dem wir alles erledigt hatten (z.B. Homepage aktualisieren) waren wir auch sofort wieder weg. Je häufiger man die absolute Ruhe genossen hat, desto schwerer fällt es, bis in die späte Nacht hinein krakeelende Nachbarn zu ertragen. Wir werden da wohl langsam intolerant...

 

Wir zogen weiter nach Cerro Castillo und von da über die nun wieder ungeteerte, holprige und schlaglochverseuchte Ruta 7 bis nach Puerto Tranquilo.

Auch das Wetter wurde schlechter, eine große Regenfront zog nun über ganz Patagonien.

Trotzdem war die Strecke, wenigstens zu Beginn wunderschön.

Im Ort hatten wir dann Dauerregen und Sturmböen von bis zu 110 km/h.

Damit war für uns der Bootsausflug zu den berühmten Marmor Höhlen gestorben, ansonsten wäre ich es wohl - bei dem Seegang. Und am nächsten Tag sollte es noch schlechter werden. Wir guckten also nur ein wenig den Ort an und verbrachten die meiste Zeit lesend im Auto. Wir hoffen, dass all die vielen tapferen Radfahrer auch ein trockenes Plätzchen gefunden hatten.

 

Nach einem intensiven Blick auf die Wettervorhersage verwarfen wir die Idee noch bis und durch den Park Patagonia zu fahren sondern verließen nun die Carretera Austral Richtung Chile Chico.

Ruta 265 am Lago General Carrera - noch eine Traumstraße

Die ungeteerte Ruta 265 am riesigen und spektakulär schön gelegenen Lago General Carrera (Chile) / Buenos Aires (Argentinien) war etwas besser als die #7 und hat uns schwer beeindruckt. Diese Straße ist eine der schönsten unserer Reise!

5 Tage Ruta 40 in Argentinien:                                                        Fast das Auto versenkt, Wandmalereien bewundert und dem Perito Moreno beim Kalben zugesehen

Nach einer letzten Nacht kurz vor Chile Chico ging es für uns nach Argentinien.

(auf dem Weg nach Süden muss man – will man nicht fliegen oder mit dem Schiff fahren - „Länderhüpfen“). Die Grenze war absolut „easy going“ und wir, ohne einen lästigen Check des Autos, ruck-zuck im neuen Land.

 

Erste Schritte: Supermarkt anfahren und Vorräte auffüllen und dann etwas Bargeld besorgen. Dabei trafen wir Andrea und Marco wieder, die Schweizer und ihr Ford mit schöner Kabine sind für ein Jahr in Südamerika unterwegs und wir hatten sie auf Chiloe das erste mal getroffen.

Genau wie wir, wollten die 2 die „Cueva de las Manos“ besuchen und zum Übernachten den Canyon des Rio Pintura anfahren. Da würden wir uns also direkt wiedersehen.

Wir waren dann vor ihnen im Canyon. Leider kamen sie ca. 1 1/5 Stunden nach uns an – sonst gäbe es jetzt wohl Beweisfotos....

Wir sind etwa 1 km in den wunderschönen Canyon hineingefahren um eine Stelle mit ausreichend Platz zu finden. Auf der einzig größeren Fläche stand schon ein Mietcamper und wir wollten uns mit genügend Abstand positionieren. Vorher stiegen wir aus, prüften zu Fuß den Grund und Hermann wollte dann „einparken“.

Ich beobachtete von Außen das Ganze und sah, wie der hintere rechte Reifen sich eingrub. STOP! Als ich zur Fahrerseite ging um Hermann Bescheid zu geben, sah ich das Desaster: hinten links war der STEYR so weit eingesackt, dass die Achse schon auflag.

Die Schräglage war beachtlich, dazu heftiger Seitenwind. Nicht schön...

Gucken, beraten, beraten, gucken und dann schaufeln, schaufeln, schaufeln.

Kameras lagen natürlich alle irgendwo drinnen. Die Urlauber hatten ihre Show und halfen ein paar Steine zu schleppen um sie unter zu legen aber auch sie machten keine Bilder.

Nach ca. 1 Stunde buddeln und dabei reichlich Sand fressen (der Wind!) trauten wir uns: Hermann legte alle Sperren ein und dann rollte Eddie langsam und ohne Probleme rückwärts aus dem Loch. Puuh, nochmal Glück gehabt und kaputt war auch nichts gegangen. Als alles vorbei war, kamen Andrea und Marco.

 

Später hat Hermann mich dann in die Spuren von Eddie geschickt um wenigstens das zu fotografieren ;-)

Das war also unser Silvester Abend 2018. Nach der Aufregung und der Arbeit verkrümelte sich jeder in seine Kabine, die heftigen Windböen machten es draußen einfach zu ungemütlich. Duschen, Essen, kleiner Umtrunk und wir schafften es mal wieder, bei einem Jahreswechsel, vor Mitternacht im Bett zu sein.

 

Am nächsten Tag besuchten erst uns einige wilde Guanacos und wir dann die „Höhle der Hände“.

Nun also weiter auf der legendären Ruta 40. Ihr habt die wildesten Geschichten über den patagonischen Wind gehört? Sie stimmen alle!

Meist hat man „lebhaften Wind“ von 25 bis 40 km/h plus Windböen zwischen 50 und 110 km/h, d.h. man hat eigentlich ständig Böen und bei uns in Deutschland würde man das ganze oft einfach Sturm nennen. Die andere Konstante: es ist Westwind. So haben wir immerhin die Möglichkeit uns für die Nacht „mit der Schnauze in den Wind“ zu stellen.

Reisende mit Dachzelt kommen hier schnell ins Grübeln ob diese Wahl wirklich die geschickteste war. Windschutz gibt es in den weiten der großen Pampa so gut wie gar nicht, daher findet man die Radfahrer unter Brücken, in verfallenen Häusern und Bushaltestellen campieren.

 

Gerade hier im südlichen Patagonien beobachten wir die Wettervorhersage noch genauer, so entscheiden wir uns gegen einen Besuch von El Chalten (Ausgangspunkt für Bergtouren ins Fitz Roy Massiv) und fahren zügig bis El Calafate. Wir erwischen so genau ein sonniges Zeitfenster um den spektakulären Perito Moreno Gletscher stundenlang anzustarren.

Zwischen dem Perito Moreno und dem nächsten Highlight, dem Torres del Paine NP, liegen viele Kilometer „Nichts“, erstaunlich viele wilde Guanacos, teils echt miese Piste, zwei Tankstellen und ein weiterer Grenzübertritt.

Einer der schönsten und wildesten Parks Amerikas:                 der Torres del Paine

Zurück in Chile verbringen wir 3 Tage im Park und haben relativ Glück mit dem Wetter, es gibt sogar einen Tag ohne Sturmböen und wir genießen die Landschaft, machen kleinere Wanderungen und hunderte Aufnahmen.

Der lange Weg nach Süden findet ein Ende: Ushuaia

Die nächsten Wegpunkte ergeben sich zwangsläufig: Puerto Natales, Punto Arenas, Fähre nach Porvenir, Grenzübertritt bei San Sebastian und dann, im argentinischen Tierra del Fuego, die Ruta 3 bis nach Ushuaia, der südlichsten Stadt der Welt.

Die größte Herausforderung wird das Wetter. Wir warten fast 3 Tage in Tolhuin ab (ca. 100 km vor Ushuaia auf der anderen Seite der Berge), bis sich eine günstige Gelegenheit ergibt.

 

Das Warten hatte sich gelohnt! Wir erleben in Ushuaia Sonne und keinen Wind (!) aber die Stadt gefällt uns nicht. Zu groß, zu laut, zu viel Verkehr.

Nach 2 Stunden sind wir schon wieder weg: auf zum wirklich südlichsten Punkt, den man mit dem Auto erreichen kann. Nach 90 km Piste, durch eine ganz wunderbare, einsame Landschaft, stehen wir im Kontrollhäuschen der Provinz Feuerland für den Schiffsverkehr im Beagle Kanal und werden stolz herum geführt.

Es gibt kein Hinweisschild aber ein alter Gaucho und ein junger Funker begrüßen uns herzlichst „Am Ende der Welt“.

 

In Sichtweite der Station suchen wir uns einen schönen Platz am Wasser, denn noch immer ist kein Wind. Wir verbringen eine Nacht in absoluter Ruhe und als wir am nächsten Morgen wieder aufbrechen stellt sich erst der Regen und dann der Wind wieder ein. Für den nächsten Tag ist Schnee in Ushuaia angesagt.

Das war dann mal ein optimales Zeitfenster für unseren Besuch am „Fin del Mundo“, würde ich sagen ;-)

Das Nordkap (Norwegen), das Kap der Guten Hoffnung (Südafrika), Inuvic (Kanada) und nun Ushuaia. Wir haben mal wieder einen besonderen Platz auf unseren schönen Erde erreicht, was immer auch nachdenklich macht. Wie war die Reise bis hier her? Was fühle ich im Moment? Wie geht es weiter?

Darüber denkt man zwar immer mal nach aber eben an solchen „Eckpunkten“ einer Reise im Besonderen.

Ist eben „wie im richtigen Leben“ ;-)

 

Ich wünsche Euch allen auf Eurer „persönlichen Reise“ weiter Alles Liebe und bin gespannt was Hermann uns nächsten Monat über unsere weitere Amerika Tour erzählen wird.

 

Bis dahin, bleibt Gesund und habt eine gute Zeit

Martina