AMERIKA - der Norden - KANADA

Kanada April 2017 – British Columbia

2.640 km in 23 Tagen

Text: Martina / Filme: Martina / Fotos: Hermann + Martina

Diesmal habe ich einen Film über die komplette Zeit zusammengestellt und stelle ihn schon hier zu Anfang ein. Ihr könnt selbst entscheiden, ob Ihr erst lesen möchtet oder direkt gucken ;-)

Am 7. April ging es für uns wieder nach Kanada. Da wir im letzten Oktober früher als geplant das Land in Ontario schon verlassen hatten (wir erinnern uns: Wintereinbruch in Atikokane), war nun unser 6 Monats Visa für die USA abgelaufen.

 

Wir bereiteten uns perfekt vor: Bier, Wein, Käse und Fleisch wurden auf Vorrat gebunkert. Auch andere Vorräte wurden aufgefüllt, denn in Kanada ist ja alles noch eine ganze Ecke teurer. Gas wurde genauso nachgetankt wie Diesel. Dann noch große Wäsche und die Kabine geputzt, denn ich bin der Meinung, dass die Grenzer bei einer sauberen, aufgeräumten Kabine mehr Hemmungen haben in alle Ecken zu schauen (und dabei womöglich noch den Biervorrat finden....).

 

Was fehlte nur noch? Richtig, unsere Papiere!

Gar kein Problem – wir haben immer alles schön ordentlich in unserer Dokumenten Tasche. Und die ist immer am gleichen Platz. Wobei...hatten wir sie nicht im südlichen Kalifornien vorne im Fahrerhaus, wegen der vielen Polizeikontrollen nah der mexikanischen Grenze?

Also, am angestammten Platz war sie nicht....und vorne im STEYR war sie auch nicht! Um 19 Uhr hat Hermann angefangen zu suchen und um 23 Uhr hatten wir alles – aber auch wirklich alles auf den Kopf gestellt. Da gehen einem sehr viele Gedanken durch den Kopf.

 

Dann hatte mein Mann die wunderbare Eingebung, doch mal mit der Taschenlampe hinter den Kühlschrank zu leuchten. BINGO! Da hing das gute Stück auf halben Weg zwischen Kühl- und Gefrierschrank. Wir konnten die Tasche sehen aber hatten keine Chance irgendwie daran zu kommen. Tief durchatmen und dann einigten wir uns darauf, erst mal eine Nacht drüber zu schlafen und am nächsten Tag nach einer Lösung zu suchen.

 

Der neue Tag begann mit Kaffee, Frühstück und dem Ausarbeiten eines Planes. Die Tasche ist durch den Lüftungsschlitz im Oberschrank hinter den Kühlschrank gerutscht. Vielleicht bekommen wir sie auch auf dem gleichen Weg wieder hoch?

Die Kühl- und Gefriereinheit ist natürlich ruckelfest und Pistensicher verbaut, so einfach kann man da nichts mal eben nach vorne ziehen. Die große untere Schublade wurde ausgebaut, Hermann tauchte dort hinein und versuchte das Band, welches ich von oben herab ließ unten irgendwie um die Tasche zu legen, damit ich sie hochziehen kann. Nach viel erfolglosen Gefummel gaben wir diese Variante auf. Nach unten konnte die Tasche auch nicht weiter, da störten diverse Kabel.

 

Jetzt blieb nur noch, doch den Gefrierschrank auszubauen.

Wie war das noch? War der Boden, auf dem der Gefrierer steht, nun fest verklebt oder nur verschraubt?

Oh – wir hatten Glück! Hermann löste die unteren Schrauben des Bodens und das Brett ließ sich tatsächlich bewegen. Ein paar Zentimeter nach vorne das ganze und wir konnten unsere Papiere wieder in den Händen halten.

Was für eine Aktion...

 

Wir machten uns also gut vorbereitet auf den Weg zur Grenze. Ausgeguckt hatten wir uns den kleineren Übergang bei Sumas. Schilder zeigten den Weg, eines der kleinen „Kassenhäuschen“ (so wie an Mautbezahlstellen auf der Autobahn) war geöffnet und nur 3 Autos vor uns. Zügig kamen wir an die Reihe und Hermann lehnte sich entspannt aus dem Fenster. Die Ausreise ist ja meist kein besonderes Ding.

Aber was war hier anders? In dem winzigen Häuschen stand ein kanadischer Beamter und wollte a) die Pässe sehen b) wissen ob wir Waffen dabei haben, wohin es gehen soll und wie lange wir bleiben möchten. 6 Monate? Okay – Pässe gestempelt und fertig.

Hey – Moment, der weiße, eingeheftete Beleg der US Amerikaner muss doch aus den Papieren! Ach, so – na gut. Er hat diese Belege dann aus den Pässen genommen und wir hoffen sehr, dass wir somit ordentlich und offiziell ausgereist sind.

Alles in allem hat diese Grenze etwa 2 bis 3 Minuten gedauert und niemand hat auch nur einen Blick ins Auto werfen wollen. Wir waren schwer verblüfft.

 

Endlich wieder Kanada! British Columbia, der Traum von Natur, Wildnis, Lagerfeuer und Ruhe. Das brauchten wir jetzt, die letzten Monate war es manches mal schon mehr als lästig geworden, ständig von Neugierigen belagert zu werden. US Amerikaner sind ziemlich laut und die ewig gleichen Fragen und Bemerkungen, das kostet auch Nerven.

 

Was ist das schlechteste Wetter für vernünftiges Outdoor Leben? Dauerregen!

Was versprach die Wettervorhersage für Vancouver und Umgebung? Dauerregen!

 

Reiseführer wurden gewälzt und da fanden wir diese schönen Beschreibungen:

„Das Okanagan Tal: gelegen westlich der Coast Mountains und daher regenarm und sonnig. Osoyoos am südlichen Ende des Tals ist der wärmste Ort in Kanada! Wein und Früchte werden in diesem mediterranen, fast wüstenartigen Klima angebaut.“

DAS ist es, dachten wir. Nach einem kurzen Abstecher in Harrison Hot Spring (bei Regen) machten wir uns auf nach Osoyoos. Der Highway #3 war schneefrei und wir genossen die Fahrt durch die Berge – voller Vorfreude.

 

Wir verbrachten 5 Tage in Osoyoos – davon 3 ½ Regentage bei um die 8°C......

„Das ist total ungewöhnlich. So viel Regen hatten wir noch nie. Es ist viel zu kalt. Normalerweise haben wir jetzt kurze Hosen an. Wir sind Wochen zu spät dran mit dem Frühling.“

Tja, was sollen wir sagen – vielleicht macht es Sinn unsere Dienste anzubieten, so nach dem Motto:

„Es ist zu trocken? Sie brauchen dringend Regen?

Buchen sie die2hollys !!!

Wenn wir kommen, wird aus ihrer Wüste ein Regenwald!“

Noch ein Hinweis am Rande: In Atikokane waren es gerade 20°C und die Sonne lacht, genau wie ich als ich das im Wetterbericht lesen durfte....

Immerhin konnten wir die Zeit – und die kostenlose Dumping Station (inklusive Trinkwasser Zapfstelle) der Stadt – gut nutzen und unsere Frischwassertanks mal grundreinigen. Reinigungstabletten aus dem Poolbereich leisten da ganze Arbeit und sind verhältnismäßig preiswert. Sehr hilfreich zu dem Thema ist dieser Link: Tankdesinfektion und Reinigung – Camping-Wiki

Die Wettervorhersage für die nächsten 14 Tage blieb beim Wolken-Sonne-Regen-Mix für BC. Immerhin kein Dauerregen mehr! Und so gaaaaaanz langsam sollten die Temperaturen klettern. Wir zogen weiter zur nächsten goßen Stadt: Kelowna. Dabei durchquert man kleine Orte mit blumigen Namen, wie Summerland oder Peachland und wenn hier mal die Obstbäume blühen, dann sieht es bestimmt auch super aus.

Weinliebhaber könnten hier für Wochen versacken – ein Weingut neben dem Anderen und überall werden Proben angeboten.

 

Westlich des großen Okanagan Sees fanden wir einen ruhigen Stellplatz mit fantastischen Blick auf Kelowna (118.000 Einwohner), den See und den Bergen ringsumher.

So wie im Loch Ness soll es hier eine große Seeschlange geben.

Im Stadtpark findet man eine „nach Augenzeugenberichten“ gestaltete Skulptur des Ungeheuers Ogopogo (das ist das Biest ohne Mütze!):

Der Stadtpark -mit eigenem Badestrand- ist hübsch angelegt; der Yachthafen mit allerhand Bespassungsunternehmen bietet den Sommertouristen viel Amüsement; die Downtown mit Lokalen und Boutiquen schließt sich direkt an und wer genau guckt, findet sogar „verborgene“ Plätzchen mit „Wildlife“.

Uns interessierte mehr das schöne Umland, so liegt z.B. südöstlich der Stadt der Myra Canyon: ein wunderschönes Gebiet auf ca. 1.200 bis 2.200 Meter. Die alte Trasse der stillgelegten Kettle Valley Eisenbahn ist nun Wander- und Bikeroute und was für eine!

Auch sehr nett war der Bear Creek Park, denn hier kann man auf der Bergseite am Bach hochwandern, schöne Aussichten genießen und unten am See dann ausruhen.

Von Kelowna nach Vernon hielten wir uns an die kleinen Nebenstraßen, das dauerte zwar länger aber der Spaßfaktor ist deutlich höher als auf dem viel befahrenen Highway 97.

Vernon ist wegen seiner großflächigen Wandmalereien (Murals) ein Hingucker. Einige sind wirklich sehr beeindruckend:

Ab Monte Creek nahmen wir den Trans Canada Highway 1, machten einen Stopp beim Visitor Center in Kamloops und bekamen dort den Tipp noch ca. 60 km weiter nach Westen zu fahren, da ist der Juniper Beach Provincial Park. Offiziel noch geschlossen dürften wir dort kostenlos campen. Na, das ist doch ein Angebot!

 

Und unsere Ankunft war schon richtig cool, denn der Lokomotivführer der Canada Pacific Eisenbahn, die kurz vor dem Park den Weg blockierte, koppelte kurzerhand für uns seine Loks ab um uns durchzulassen! Probiert das mal in Deutschland ;-)

Links und rechts im Tal fahren die Züge und so ist tatsächlich „Trainspotting“ eine ausgewiesene Attraktion. Man muss die Dinge eben positiv sehen.

Uns haben die ellenlangen, von bis zu 4 (!) Diesellokomotiven gezogenen, Schwerlastzüge nicht groß gestört. Stattdessen habe ich mal Waggons gezählt: 152!!!

Hier eine Filmaufnahme von so einem Zug:

Diese Gegend ist nun echte Wüste, d.h. es fallen maximal 23 mm Regen im Jahr. Wenig Bäume, dafür kleine Kakteen und Klapperschlangen – die schlafen aber noch bei der Kälte, was meinen Mann sehr freut. Im Thompson Fluss soll es Millionen Lachse geben – aber erst wieder im Herbst. Dafür kann man hier tatsächlich noch Gold finden!

Der Platz war eine gute Basis um z.B. das nette Nest Ashcroft zu erkunden, Eddie mal eine Unterbodenwäsche zu gönnen und komplett neu abzuschmieren.

Außerdem konnten wir mal so richtig durchtrocknen. Sogar hier nahmen wir 2 Regentage mit aber die paar Tropfen zählen kaum, da hatten wir uns schon an anderes gewöhnt.

Bei grauem Himmel und steten Regengeprassel bekomme ich immer so Reflexe: Eintopf machen, Brot und/oder Kuchen backen, Gulasch kochen.

Der Trans Canada Highway von Lytton – wo wir den Zusammenfluss vom Thompson und vom Fraser River bewundern konnten – bis nach Hope ist wunderschön. Der Fraser River Canyon zwischen Yale und Boston Bar ist besonders eindrucksvoll. Die Straße führt hoch über dem Fluss an den Berghängen entlang.

Auf dem Weg machten wir an der historischen (1926) Alexandra Bridge Halt, das neuere Modell (1962) führt ein Stück dahinter über den Fluss.

In Hope, wo wir 2 Wochen früher schon mal vorbei gekommen waren, machten wir diesmal Stopp und wollten uns eigentlich die Othello Tunnel anschauen.

Hier war wieder die Kettle Valley Railway tätig gewesen aber hat diese Eisenbahntunnel bereits Anfang der 1960er stillgelegt – zu viele Erdrutsche und Lawinen. Auch hier hat man daraus einen Wanderweg gemacht, allerdings waren die Tunnel wegen „Gefahr“ geschlossen.

Diesmal nahmen wir den direkten Weg Richtung Vancouver – mit Zwischenstopp an den Bridal Falls. Jetzt im Frühjahr lohnt der Besuch und Bärenspuren gab es kostenlos dazu.

Etwas nördlich von Vancouver liegt das winzige Horseshoebay. Hier legt die Fähre nach Nanaimo auf Vancouver Island ab und da wir früh dort waren und die Überfahrt nur 1 h 40 min dauert, fanden wir uns am Abend schon auf der Insel wieder.

Ein kleiner Regional Park wurde unser Stellplatz für die Nacht und bot sehr nette Spazierwege durch den Wald.

 

Auf der Insel ist es Nachts viel milder als auf dem Festland, daher war der Frühling schon in Hochform: blühende Obstbäume und Azaleen, Blümchen und saftig grünes Gras. Herrlich. Auch hier lag noch Schnee auf den höchsten Gipfeln aber tagsüber schien viel häufiger die Sonne als wir es inzwischen gewöhnt waren. Und wenn Einheimische kurze Hosen tragen, dann sieht das wenigsten schon mal warm aus – auch wenn es erst 8°C sind. Besonders schön war es in Chemainus, berühmt für seine 42 (!) Murals.

Weiter ging es zum Cowichan Lake im Inland der Südinsel, von dort zur Westküste um z.B. den wunderschönen Botanical Trail zu laufen und dann nach Victoria, der Hauptstadt von BC. Auf dieser Strecke sieht man sehr gut den Charakter der Insel, mit kaltem Regenwald, schroffer Westküste, tausenden Bergbächen, Seen und kleinen Ortschaften.

Leider sieht man auch den Kahlschlag der allmächtigen Holzindustrie überall.

In Victoria angekommen ging der Dauerregen wieder los....aber schon am nächsten Morgen lachte wieder die Sonne. Zeit für einen ausführlichen Stadtrundgang.

Ein echtes Highlight: das Royal BC Museum! Insbesondere die Abteilung über die Ureinwohner und ihre großartige und vielfältige Kunst hat uns gut gefallen.

Es gab auch eine Sonderausstellung zu Terry Fox:

Zum Übernachten hatten wir uns ganz unverschämt mitten in einen Park gestellt.

Am 2. Abend klopfte es dann auch an der Türe und zwei Polizeiautos standen vor uns.

„Jetzt gibt es Ärger“, sagte Hermann und stieg aus.....

Was wahr? Die Jungs waren völlig aus dem Häuschen und wollten alles über den STEYR wissen.

Schlafen hier im Park? Aber klar – kein Problem!

Im nächsten Bericht erzählt Euch Hermann, dass man nicht nur Holz, sondern auch Reifen schnitzen kann.....